Die Psychoanalyse und der Krieg
Betrachtungen aus aktuellem Anlass
Robert Heim
4/1/2023
Wir erinnern uns des alten Spruches: […]
Wenn du den Frieden erhalten willst, so rüste zum Kriege.
Es wäre zeitgemäß, ihn abzuändern: […]
Wenn du das Leben aushalten willst,
richte dich auf den Tod ein.
Sigmund Freud
Zeitgemäßes über Krieg und Tod (1915)
ZUSAMMENFASSUNG: Vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges kommentiert der Autor Freuds Schlusspassage in seinem Aufsatz Zeitgemäßes über Krieg und Tod. Mit Bezugnahme auf den Zeitbegriff erörtert er den klinischen Sinn der Sentenz, man möge sich auf den Tod einrichten, wenn das Leben ausgehalten werden soll. Dabei werden philosophische Querverbindungen zu Hegel und Karl Jaspers hergestellt. Dessen Schrift über die Atombombe nimmt der Autor als Anlass einer psychoanalytischen Stellungnahme zur russischen Aggression gegen die Ukraine, die Freuds Beiträge zum Krieg historisch aktualisiert. Abschließend folgen einige säkularisierte Überlegungen zu Endzeit und Apokalypse.
SCHLÜSSELWÖRTER: Krieg, Sterben, Tod; Zeit und Glück; Psychoanalyse als tragisches Denken; Ukraine-Krieg und Krieg gegen die Natur; Selbstzerstörung und Apokalypse
1. Freud: Heißt psychoanalysieren sterben lernen?
Über den Krieg zu sprechen, musste auch für Freud heißen, vom Tod nicht schweigen zu können. Mit seiner Empfehlung, sich auf den Tod selbst in Zeiten des Friedens einzurichten, wenn das Leben ausgehalten werden soll, spricht hier Freud als weltlicher Ethiker einer individuellen Eschatologie: »Was du auch tust, denke an dein Ende […]«, wie es im griechischen Alten Testament der Septuaginta hieß und in der römischen Antike als Memento mori tradiert wurde. Doch wusste Freud mit seinen Erkenntnissen über das Unbewusste, dass einem einzelnen Menschen mit diesem Rat eine zu schwere Bürde auferlegt würde, die niemand dauerhaft zu tragen vermöchte, sei es in Zeiten des Krieges oder des Friedens. Niemandem ist zuzumuten, ständig an sein Ende zu denken; es wäre mehr Befehl als Rat, der von einem harten und rigorosen, ja sadistischen Über-Ich an ein unterwürfiges Ich ergeht. Und sollte es jemand wirklich tun, wäre es eine pathologische Besessenheit, ein schwer gestörtes Zeiterleben eines Zwangskranken oder eines Melancholikers (vgl. Binswanger 1960; Green 2000; Loewald 1986; Theunissen 2015). Und letztlich sträubt sich, so Freuds Prämisse, im Unbewussten selbst eine mächtige Kraft gegen die Unvermeidlichkeit des Todes, gegen die Akzeptanz einer begrenzten Frist des Lebens. Die folgenden Betrachtungen verstehen sich als Kommentar zum offenen Ende von Freuds Zeitgemäßes über Krieg und Tod, dann als Ergänzung zu den Arbeiten von Gerhard Schneider und Anna Leszczynska-Koenen (vgl. Schneider 2023; Leszczynska-Koenen 2023). Ein besonderes Gewicht soll dabei auf dem Maß der Zeit liegen.
Gegen die unerbittlich zerrinnende Zeit revoltiert die Melancholie, indem sie es vorzieht, das Ich und damit das Leben suizidal zu zerstören, wenn dieses nicht mehr auszuhalten ist. Auf Albrecht Dürers Kupferstich Melencolia I (1514) gehört die Sanduhr zu deren Objekten; sie hängt wie ein Damoklesschwert über dem grübelnden Haupt der weiblichen Gestalt. Die Melancholie triumphiert über das Rieseln der Zeit, indem sie diese fremde Macht überlistet und sich selbst, wenn auch Gelehrsamkeit nicht mehr hilft, ein Ende setzt. Depression, seit Langem eine der häufigsten Diagnosen psychischer Störungen, und klassische Melancholie sind Zeit-Krankheiten im doppelten Sinne: Sie sind nicht nur zeitdiagnostisch von großem Interesse, sind prägende Zeichen der Zeit, sondern leiden an einer pathologischen Subjektivierung der eigenen Lebensfrist.
Hätte Freud seinen Rat noch weiter begründet, wäre er gezwungen gewesen, was genauer es heißt, sich auf den Tod einzurichten, und was präziser er als klinisches Äquivalent dieser Maxime bestimmt hätte. In seinem Gesamtwerk gehörte Montaigne nicht zu den bevorzugten Autoren, wenn auch er sowohl erkenntnistheoretisch wie ethisch ein Freund von dessen Skeptizismus gewesen wäre. Jedenfalls empfiehlt es sich, in diesem Zusammenhang an einen Titel seiner Essays zu erinnern, philosophieren heißt sterben lernen: »Berauben wir [den Tod] seiner Unheimlichkeit, pflegen wir Umgang mit ihm. […] Reißen wir uns dann zusammen, spannen wir die Muskeln!« (Montaigne 1998 [1580], S. 45ff.). Im Hinblick auf ihr endgültiges Erschlaffen riet Montaigne zur sportlichen Anspannung der Muskeln; als geübter Reiter mit traumatischem Sturz wollte er dies nicht nur ironisch gemeint haben. Freud, der Liebhaber alpiner Sommerfrische, hätte Montaigne sicher zugestimmt. Doch kann mit seinem Rat gefolgert werden, auch psychoanalysieren hieße sterben lernen? Gewiss, aber der Umweg einer Antwort ist auch hier steinig genug.
Jedenfalls ist dies eine übertriebene Behauptung. Doch gibt es Dinge im Leben, die übertrieben werden müssen, damit sie in ihrer sperrigen Wahrheit zur Kenntnis genommen werden. Zu diesen Dingen gehörte die Freud’sche Trieb- und Sexualtheorie vor ihren revisionistischen Zähmungen; zu ihnen gehört noch immer das empirisch belegte Festhalten an einer langen, hochfrequenten Behandlung. Allein so ist Adornos pointierter Aphorismus richtig zu verstehen, nämlich als Hinweis zum Wahrheitskern von Übertreibungen: »An der Psychoanalyse ist nichts wahr als ihre Übertreibungen« (Adorno 1975, S. 56). Auch hinter einer Übertreibung, sei sie lustvoll oder destruktiv, wirkt ein Trieb. Übertreibungen spitzen also durchaus schmerzliche Wahrheiten zu. Die Übertreibung hier knüpft an Freuds selbstkritische Bemerkung an, die Praxis der Psychoanalyse gehöre neben dem Erziehen und Regieren zu den »unmöglichen« Tätigkeiten und Professionen. Sie werden zwar ausgeübt, sind also möglich, enthalten in ihrer Unmöglichkeit aber ein potenzielles Scheitern, mit dem »man des ungenügenden Erfolgs von vornherein sicher sein kann« (Freud 1937c, S. 95). Man vernimmt hier den skeptischen Geist des späten Freud, der in der endlichen, zeitlich begrenzten den Anstoß zu einer unendlichen Analyse sieht, die ein Patient bestenfalls seinem Behandlungsende folgen lässt. Und die er zugleich dem Analytiker nahelegte; dieser soll sich in bestimmten Abständen und nach Bedarf einer weiteren Tranche Analyse unterziehen. Eine Analyse, sei es die des Patienten oder die des Analytikers, kommt in einem präzisen Sinne nie zu Ende. Sie kommt spätestens mit dem Tod zu einem einstweiligen Abschluss. Doch selbst in diesem Fall wird sie, wenn es das Leben und Leiden von Kindern notwendig machen, unter anderen Vorzeichen fortgeführt. Eine Analyse kann sich in die nächste Generation überliefern und dort ihre unbewusste Wirkungsgeschichte fortschreiben. Und sollten sich die Generationen weiter tradieren, kommt eine unendliche Analyse konsequenterweise erst mit dem transgenerativen Ende, mit der »Endzeit« einer Familiengeschichte, zu ihrem Abschluss. Was den Verfall einer Familie anbetrifft, so erlangte in Thomas Manns Roman Die Buddenbrooks eine Szene Berühmtheit: Der kränkelnde Hanno Buddenbrook zieht den Schlussstrich unter seinen Namen in der Familienchronik; er spürte, dass mit ihm die generative Tradition seiner Herkunft keine Zukunft mehr haben wird.
Starke Übertreibungen sind oft notwendig, damit ihnen Demut und Zweifel, Skepsis und Gelassenheit folgen können. Sie sind dem menschlichen Maß angemessener als ein erhabener Hochmut oder grandiose Selbstgewissheit, die dem früheren oder späteren Fall vorausgehen. Sterben lernen wäre somit gleichbedeutend mit der Einübung in die Kunst des Scheiterns, die sich wiederum eines genügenden Erfolgs erfreuen darf. Biologisch ist das Leben im Kontrast zum zeittypischen Optimierungswahn immer ein Scheitern: an den Gesetzen der Schwächung körperlicher und geistiger Funktionen, an der Apoptose von Zellen, an der Entropie eines vitalen Systems. Und schließlich begibt sich jeder erwachsene Patient zu einem Zeitpunkt seines Lebens in eine Behandlung, an dem es ihm nicht mehr aus eigenen Kräften gelingt, sein Leben auszuhalten. Er befindet sich an einem Scheitelpunkt des Scheiterns. Im Geiste unserer Zeit wird man ihm eine Behandlungsmethode anbieten, die dieses Aushalten mit Resilienz schützt oder das Leben mit seinen Unwägbarkeiten – mit einem Wort von Nassim Nicolas Taleb – »anti-fragil« und katastrophenresistent zu gestalten versucht (vgl. Taleb 2008). Zu Recht, denn jedes Trauma ist eine seelische Katastrophe. Kleinere oder größere Katastrophen, nichtlineare »schwarze Schwäne«, wie Taleb gleichnishaft meinte, säumen auch das psychische Leben in seiner Entwicklung. Karl Jaspers bezeichnete solche Katastrophen als »Grenzsituationen«.
Mit ihrer Referenz auf den Ödipusstoff war die Geburt der Freud’schen Psychoanalyse in der Tradition der griechischen Antike ohnehin mit dem genuinen Sinn von katastrophé aufgeladen: dem Wendepunkt eines tragischen Geschehens, an dem sich der Weg des Helden zwischen Einsicht, Versöhnung oder Untergang gabelt. Für Ödipus wurde die Selbstblendung zu diesem Wendepunkt, zu seinem »catastrophic change« (Wilfred R. Bion), nachdem er im Duell mit Teiresias gegen seine Widerstände sich mit der Wahrheit seines Lebens konfrontieren musste. In der Psychoanalyse gehören Katastrophen als Traumata von Anfang an zu ihrem Forschungsbereich; sie kennt die Katastrophen im Mikrokosmos des psychischen Lebens und besitzt damit ein minutiöses Modell, wie sie im großen Maßstab ihre Zerstörungskraft entfalten (vgl. Reckwitz 2023).
Im Grunde ist die Psychoanalyse ein tragisches Denken, für das die Begriffe des Scheiterns, des (Trieb-)Schicksals, des Unverfügbaren, einer ausweglosen Aporetik, letztlich der Unvermeidlichkeit von Krise und Tod vertraut sind. Aber sie ist nicht nur eine klinische Praxis, in der dieser tragische Sinn auf eine individuelle Lebensgeschichte heruntergebrochen werden muss, um einen hilfreichen Ausgang aus diesen existenziellen Nöten und Notwendigkeiten zu finden. Sie will ebenso die herrschenden Zeichen der Zeit, den fatalen Gang des Weltlaufs entziffern. Konnte das Werk Max Webers noch als tragische Soziologie (Stefan Breuer) bezeichnet werden, so bleibt das Werk Freuds nicht nur eine kritische, sondern – was auf dasselbe hinausläuft – eine tragische Theorie des Subjekts und seiner Stellung in Gesellschaft, Geschichte und Kultur. Zur Erbschaft Freuds gehört diese Resonanz für eine tragische Dimension des Menschen, mithin für eine »katastrophale« Seite ihres wissenschaftlichen Gegenstandes. Dieses Gespür verflüchtigte sich in den Bemühungen um den Erhalt der Psychoanalyse in den sozialstaatlichen und neoliberalen Gesundheitssystemen, bis posttraumatische Belastungsstörungen, Migrationsschicksale, Flüchtlingskrisen und Kriegsfolgen ihre neuen Spuren in die Behandlungszimmer zogen.
In dem Maße, in dem es zum »Veralten« der Psychoanalyse kam, wie es ihr Herbert Marcuse angesichts eines Strukturwandels des Ödipuskomplexes bereits 1965 prophezeite, drohte ihr auch dieser tragische Sinn abhanden zu kommen. In Jacques Lacans Seminar zur Ethik der Psychoanalyse lässt sich diese Sensibilität für die Tragödie in der Psychoanalyse noch finden, wenn er den Konflikt Antigones zwischen ihrem Gewissen, dem toten Bruder Polyneikes ein würdiges Begräbnis zu schenken, und der kaltherzigen Staatsräson ihres Onkels Kreon kommentiert (vgl. Lacan 1996 [1986], S. 293ff.). Antigone, Tochter von Ödipus und Iokaste, verriet ihr sublimiertes Begehren nicht; sie nahm, lebendig begraben, ein qualvolles Sterben auf sich, dem sie durch Suizid ein selbstbestimmtes Ende setzte, damit aber das Schicksal ihrer Mutter wiederholte. Es war, mit Freud gesprochen, ihre souveräne Art, ihr Leben auf den Tod einzurichten und sich der hybriden Macht Kreons zu widersetzen. Eine erweiterte Fassung des Ödipuskomplexes wird gegen seine klassische Form im Auge behalten, welche Lebensformen, sich auf den Tod einzurichten, innerhalb seiner transgenerativen Verwandtschaftsstruktur unbewusst gewählt werden.
Natürlich überzeugt man mit alledem keinen heutigen Gesundheitspolitiker, dem die Spuren der Herkunft eines Verfahrens der deutschen Richtlinien-Psychotherapie aus der antiken griechischen Tragödie gleichgültig sind. Er erwartet Effizienz und Evidenz von Behandlungsmethoden. Freud und eine erste, zweite Generation seiner Psychoanalyse dachten noch nicht in den Kategorien eines modernen, aber Ökonomisierungszwängen ausgesetzten Healthcare. Mit der Antizipation des Todes im Lebensvollzug geriet Freud in eine Nähe zur existenzphilosophischen Tradition; jedenfalls lieferte Søren Kierkegaard 1843 in Entweder – Oder eine Vorlage, deren objektive Wirkungsgeschichte die Psychoanalyse nicht unberührt ließ. Kierkegaard nimmt intuitiv eine Essenz von Freuds Triebtheorie vorweg, wenn er das individuelle Leben von Kräften bestimmt sieht, die in seinen Anfängen liegen, es aber in eine ungewisse Zukunft werfen. Auch deutet er die Beschädigungen an, die ihm widerfahren können, wenn ein Triebschicksal pathogen entgleist und dieses in Depression und Melancholie, in Neurose und schwerere Pathologien münden lässt. Er sah Freuds »Aushalten des Lebens« allerdings zunächst in trüber Verzweiflung: »Vorn immer ein leerer Raum; was mich vorwärts treibt, ist eine Konsequenz, deren erster Anstoß hinter mir liegt. Dieses Leben ist ein verkehrtes und schreckliches. Nicht zum Aushalten« (Kierkegaard, zit. nach Fried 2016, S. 288).
Gewiss denkt die Psychoanalyse diese Konsequenz anders als der dänische Philosoph, wenn sie deren Anstöße in Konflikten des kindlichen Trieblebens, narzisstischen Pathologien oder traumatischen Erschütterungen angelegt sieht. Aber Kierkegaard beschrieb diesen desolaten Zustand als Lebens-Ekel, der mit der Fähigkeit zur Integrität konkurriert, einer Fähigkeit mitunter, ein sich neigendes Leben im gelassenen Habitus eines amor fati so anzunehmen, wie es hinter einem liegt und in einer knapper werdenden Frist weiter auszuhalten ist (vgl. Erikson 1977, S. 150). Da ein Lebenszyklus seit Geburt zwar Wiederholungen kennt, sich aber nicht zyklisch rundet, sondern mit seinem Zeitpfeil unerbittlich einem Ende zuneigt, kann Lebens-Ekel in seiner klinischen Vielfalt alle befallen. Die weltweite Suizidrate unter Jugendlichen, jungen Erwachsenen und älteren Menschen ist ein Symptom dieses Lebensüberdrusses. Viele Depressionen und selbstdestruktives Agieren sind Symptome dieser malignen Grundstimmung, gegen die wiederum eine manische Abwehr, Kulte der Jugendlichkeit oder die zahlreichen Süchte aufgeboten werden.
In diesem Lebens-Ekel, den die russische Literatur des 19. Jahrhunderts von Dostojewskis Aufzeichnungen aus dem Kellerloch bis Tschechows Onkel Wanja ebenso eindrucksvoll beschrieben hat wie Jean-Paul Sartre in Der Ekel, erscheint das Aushalten des Lebens als eine Qual und Passion, es ist ein zu schweres Kreuz. Das Christentum machte aus diesem Kreuz das Symbol einer mächtigen Weltreligion, in der Sünde, Angst, Schuld und Hoffnung auf Erlösung dominieren. Das Aushalten des Lebens darf kein leichtes Spiel sein, der Schmerz der Dornenkrone sollte seine Lüste und Genüsse mit Schuldgefühlen, Bestrafungsängsten und schlechtem Gewissen überschatten. Dagegen revoltierte in der römischen Spätantike als erster Lukrez, indem er das vorchristliche epikureische Erbe wiederbelebte und jeden Götterhimmel reinigte. Freud wollte dem Menschen diese Last mit ihrem säkularisierten Gewicht in den neurotischen Konflikten zumuten, bot ihm aber mit der Psychoanalyse eine Erfahrung an, diese Bürde abzuwerfen oder doch erträglich zu mindern. Dies freilich um den Preis einer lebensgeschichtlichen Wahrheit, die nicht frei von Tragik ist und zu einer neuen Last werden kann. Das Leben muss mit dieser Konsequenz ausgehalten werden; entweder gelingt dies um den unvermeidlichen Tribut, zu dem Neurose, andere psychische Erkrankungen und Störungen gehören, oder es scheitert schließlich an diesem Preis – bis hin zum selbstgewählten Suizid. Die Freud’sche Psychoanalyse ist eine der therapeutischen Künste, dieses Aushalten zu erleichtern, im Wesentlichen aber, so ihr beharrliches Versprechen, mit einem Gewinn an Lebendigkeit gegen Kierkegaards Verzweiflung durchzustehen. Aber das wäre ebenfalls eine besondere Resilienz, eine gestärkte Anti-Fragilität.
2. Freud mit Hegel und Karl Jaspers: Das prekäre Glück, das atomare Risiko
Gleichzeitig ist das auszuhaltende Leben im Hinblick auf sein Ende aber auch Hegel’sches Erbe bei Freud. Das Leben im Entwurf auf seine Negation, sich auf den Tod, auf seine Präsenz im Leben einrichten, um es auszuhalten – dies war schon vor der existenzphilosophischen Übernahme dieses Stoffes ein Grundgedanke in Hegels Phänomenologie des Geistes. Das Eingedenken des Todes war für Hegel Vorwegnahme des Nicht-Lebens, eine Erfahrung, die für den menschlichen Geist gerade nicht mehr begriffen, nur biologisch definiert werden kann, also eine Chiffre der Negativität ist. Sterben ist noch erfahrbar, der Tod, von Nahtoderlebnissen abgesehen, nicht mehr. Was für Freud als ein Einrichten, eine Richtung, ja eine Richtigkeit des Lebens gemeint war, bezeichnete Hegel als dessen unauflösbare »Zerrissenheit«, in der Versöhnung dennoch möglich bleibt. Versöhnlich könnte man den todesverachtenden, materialistischen Lebensmut eines Lukrez in der epikureischen Erbschaft nennen: »Der Tod, darum, ist uns nichts, geht nicht das Geringste uns an, nun, da wir begriffen haben: Die Seele ist ihrer Natur nach sterblich« (Lukrez 2014, S. 127). Das Leben ist kurz, seine Lüste und Genüsse zu flüchtig, seine Erfolge zu fragil, als dass dies auch noch mit dem Schatten einer quälenden Todesgewissheit belegt werden soll. Ein juveniler oder alternder Hedonismus hat es sich immer zu leicht gemacht mit dieser Todesverachtung. All dies ist philosophisch schneller gesagt, als dass es mit letzter Konsequenz in die vollen Züge des Lebens aufgenommen werden kann. Im Gegensatz zu Freud riet Lukrez, die Last des Memento mori abzuwerfen, wenn das Leben ausgehalten werden soll. Die Sterblichkeit von Seele und Körper ist für Freud dagegen ein fact of life, der in Kauf genommen werden muss, wenn das Leben nicht nur ausgehalten werden soll, sondern in seinen Lüsten und Genüssen auch ausgekostet werden will.
Hegel und Freud dachten diese Weigerung bei Lukrez anders, auch wenn sie die epikureische Lebenslust teilen mochten, ohne in die Fallen eines illusionsträchtigen Hedonismus zu treten. Die Arbeit des menschlichen Verstandes ist für Hegel eine Tätigkeit der Unterscheidung, der Trennung und Abstraktion, doch das letzte Scheiden ist ein Abschied aus dem Leben in den sicheren Tod. Im Tod abstrahiert sich das Leben von sich selbst; es wird zu einer blutleeren Abstraktion – zur Negativität einer der höchsten Funktionen des Geistes. Der Faden des Lebens reißt, und diese letzte Zerrissenheit wirft einen langen Schatten auf ein gelebtes oder ungelebtes Leben zurück. Wie auch dieses verlief, es konnte nur eine Richtung auf ein Ende haben. Freuds Einrichtung des Lebens auf den Tod hin, um dieses auszuhalten, war für Hegel eine Dauerkonfrontation mit diesem Ende. Seine Formulierungen in der Vorrede der Phänomenologie des Geistes wurden zum philosophischen Klassiker:
»Der Tod […] ist das Furchtbarste, und das Tote festzuhalten das, was die größte Kraft erfordert. Die kraftlose Schönheit haßt den Verstand, weil er ihr dies zumutet, was sie nicht vermag. Aber nicht das Leben, das sich vor dem Tode scheut und von der Verwüstung rein bewahrt, sondern das ihn erträgt und in ihm sich erhält, ist das Leben des Geistes. Er gewinnt seine Wahrheit nur, indem er in der absoluten Zerrissenheit sich selbst findet. Diese Macht ist er nicht als das Positive, welches von dem Negativen wegsieht, […] sondern er ist diese Macht nur, indem er dem Negativen ins Angesicht schaut, bei ihm verweilt« (Hegel 1973 [1807], S. 29).
Freuds Aushalten des Lebens entspricht bei Hegel einem Festhalten des Todes. Doch wie ist dieses Halten, dieses holding und containing, vorzustellen, wogegen ist die »größte Kraft« und zudem aus welchen Ressourcen aufzubringen? In absoluter Zerrissenheit sich selbst finden, dem Negativen ins Angesicht schauen, bei ihm verweilen, was immer dies genauer ethisch, lebenspraktisch, aber auch theoretisch heißen mag – dies sind klinisch schwer validierbare Philosopheme. Doch blieben es Herausforderungen, der sich die Psychoanalyse seit Freud immer wieder zu stellen hatte (vgl. Green 1993). Und die sie in ihrer klinischen Praxis, bei aller ihrer Differentialdiagnostik und Behandlungsvarianz, an jeden einzelnen Patienten erklärend und deutend heranträgt.
Hegel beließ es bei diesen pointierten Bildern, ohne ihnen einen existenzialistischen Sinn avant la lettre abgewinnen zu wollen. Das Allgemeine war ihm wichtiger als das Besondere und Einzelne, der Idealismus des Begriffs mächtiger als eine flüchtige Existenz. Er zielte auf die Hauptschauplätze der Weltgeschichte und das Telos des absoluten Geistes, nicht auf ein modernes Individuum, das einen profanen Alltag ohne geschichtsphilosophischen, ohne heilsgeschichtlichen Horizont zu bewältigen hat. Hegels Gestalt des subjektiven Geistes war noch nicht individualisiert genug, noch nicht auf das Individuum als einzelne Besonderheit zugeschnitten, deren historischer Typus auf den disparaten Umwegen über Kierkegaard, Schopenhauer, Dostojewski und Nietzsche das Ende des 19. Jahrhunderts brauchte, um den Weg auf eine psychoanalytische Couch zu finden. Mit Hegel teilen sie freilich das tragische Bewusstsein, dass menschliches Glück mehr Wunsch als Realität bleibt und an deren Widerständigkeit leicht zu zerbrechen droht; doch hält dieses Bewusstsein das Begehren und seinen Kampf um Anerkennung am Leben.
Aber Hegel wollte dem Einzelnen seine Glückssuche nicht vergönnen, zu deren Enklaven er Beruf, Kunst oder Liebe zählte. Selbst eine Dosis Narzissmus und Egozentrik konnte er ihm zugestehen: »Glücklich ist derjenige, welcher sein Dasein seinem besonderen Charakter, Wollen und Willkür angemessen hat und so in seinem Dasein sich selbst genießt« (Hegel 1973 [1840], S. 41f.). Doch kaum hat er, wenn überhaupt, seinen Maßstab des Glücks gefunden, rollt die Walze der Weltgeschichte über ihn hinweg und pulverisiert diese zerbrechliche Elle in Kriegen, Pandemien und Katastrophen. Hinzu kommt die List des Unbewussten: Fallibilismus des Lebens, seine offene oder latente Tragik, die Tücken des begehrten Objekts, Krankheiten, von den eigenen Selbstsabotagen ganz abgesehen. Kurz: »Die Weltgeschichte ist nicht der Boden des Glücks. Die Perioden des Glücks sind leere Blätter in ihr; denn sie sind die Perioden der Zusammenstimmung, des fehlenden Gegensatzes« (S. 42). Mit anderen Worten: Diese Perioden sind Zeiten ohne Tragik. Als der französische Philosoph Bernard-Henri Lévy kurz nach Kriegsbeginn in der Ukraine aus Odessa zurückkehrte, warf er den Europäern vor, sie hätten den »Sinn für das Tragische« verloren, sie seien in den Nachkriegsjahrzehnten und nach 1989 der Illusion verfallen, »dass das Tragische sich im Kommerz auflösen ließe« (Lévy 2022, S. 47). Es war dies eine der großen Illusionen des Neoliberalismus. Doch wer das Tragische verkennt, verkennt die Realität. Man darf dies zu den übertriebenen Wahrheiten der Psychoanalyse zählen.
Diese Perioden des Glücks sind nicht die Regel, sondern die seltenen, zufälligen Ausnahmen. Es sind die Gegensätze, Paradoxien und Widersprüche, die Dialektik der Geschichte, die diese Regel bestimmen und den Menschen kaum Zeit lassen, die leeren Blätter mit ihren episodischen Glücksmomenten zu füllen. Freud hat 1930 in Das Unbehagen in der Kultur diesen Hegel’schen Faden einer glücksindifferenten Weltgeschichte wieder aufgenommen. Hegel sprach noch von einem Dasein, das sich selbst genießt; er respektierte die Suche des Menschen nach Lust, Genuss und Glück in der antiken Tradition von Epikur bis Lukrez durchaus, auch wenn sein Idealismus weit ambitionierter war. Und zudem in der notwendigen gesellschaftlichen Arbeit den mächtigsten Widerstand sah, der jede Lustsuche zur »gehemmte[n] Begierde« (Hegel 1973 [1807], S. 119) ausbremst, sie zur Entbehrung eines Aufschubs zwingt.
Auch Hegel ließ das Lustprinzip mit dem unvermeidlichen Realitätsprinzip konfrontieren; erst Freud hat diese Konfrontation im psychischen Leben auf den tieferen Begriff gebracht. Schließlich war für Hegel ein ephemeres individuelles Leben nur ein winziger Nebenschauplatz des auf seinen Absolutismus zustrebenden Weltgeistes. Freud rehabilitierte diese individuelle Randständigkeit, diese flüchtige Marginalie, gründete aber seine Psychoanalyse dennoch auf diese Hegel’sche Prämisse. Er wird die Glückserwartung ähnlich wie Hegel dämpfen, wenn sich der Mensch allzu naiv dem Lustprinzip unterwirft. Er sollte die stille oder laute Tragik nicht übersehen, die diesem Prinzip innewohnt und jeden Hedonismus in seine Schranken weist. Und doch ermutigt die Psychoanalyse den Patienten, Hegels leere Blätter des Glücks mit einer je eigenen Handschrift wenn nicht zu füllen, so doch mit einigen Strichen und Buchstaben zu signieren:
»Es ist […] einfach das Programm des Lustprinzips, das den Lebenszweck setzt. Dies Prinzip beherrscht die Leistung des seelischen Apparates von Anfang an. […] [Aber das Programm des Lustprinzips] ist überhaupt nicht durchführbar, alle Einrichtungen des Alls widersprechen ihm; man möchte sagen, die Absicht, daß der Mensch ›glücklich‹ sei, ist im Plan der ›Schöpfung‹ nicht enthalten. Was man im strengsten Sinne Glück heißt, entspringt der eher plötzlichen Befriedigung hoch angestauter Bedürfnisse und ist seiner Natur nach nur als episodisches Phänomen möglich. Jede Fortdauer einer vom Lustprinzip ersehnten Situation ergibt nur ein Gefühl von lauem Behagen; wir sind so eingerichtet, dass wir nur den Kontrast intensiv genießen können, den Zustand nur sehr wenig. Somit sind unsere Glücksmöglichkeiten schon durch unsere Konstitution beschränkt« (Freud 1930a, S. 434).
Das Leben mit dieser »Konstitution« auszuhalten, den paradoxen Gegensätzen zwischen Trieb und Vernunft, zwischen gebrechlichem Körper und idealisierter Gesundheit, zwischen Individuum und Gesellschaft ausgeliefert und der zerrinnenden Zeit unterworfen, gehört zu den schwierigsten Künsten. Gleichzeitig, in einer Epoche wachsender Bedrohung eines freien Lebens in geschwächter Demokratie und prekärer Sicherheit, auferlegte Karl Jaspers 1932 in seiner Schrift Die geistige Situation der Zeit dem Menschen die Übernahme einer Verantwortung, das auszuhaltende Leben innerhalb seiner Frist mit eigenen Entscheidungen zu gestalten. Jaspers erinnerte das Ich an sich selbst, weil es sich immer wieder fremden Mächten unterwirft – und deswegen nie Herr im eigenen Hause, im Innenraum seiner psychischen Realität, sein kann. Gegen abstrakte Utopien oder düstere Dystopien forderte Jaspers vom Einzelnen und seinem soziokulturellen Kollektiv eine handelnde und planende Gegenwärtigkeit, auch wenn »der Weltlauf undurchsichtig ist, da bis heute das Beste gescheitert ist und wieder scheitern kann« (Jaspers 1999, S. 190).
Dies wurde lange vor Samuel Becketts Eloge auf das Absurde des menschlichen Daseins geschrieben: »Immer versucht. Immer gescheitert. Egal. Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern.« Jaspers luzide Diagnose eines immer möglichen Scheiterns des Menschen ist im kulturpessimistischen Grundton Freuds gehalten und nimmt 1932 Horkheimers und Adornos Dialektik der Aufklärung vorweg. Auch das unabgeschlossene Zeitalter der Aufklärung unternimmt wiederholt den Versuch, die Menschheit aus ihrer »selbstverschuldeten Unmündigkeit« (Immanuel Kant) zu befreien; zu oft aber ist es daran gescheitert, zu oft liebten die Menschen diese Unmündigkeit mehr als ihre Freiheit. Zu oft musste es vor der »freiwilligen Knechtschaft« des Menschen kapitulieren, die ihm Etienne de la Boétie, ein Freund Montaignes, als Unterwerfungsbereitschaft schon im 16. Jahrhundert nachgewiesen hat. Jaspers Appell zielt darauf, »jetzt und hier Dasein zu schaffen und zu beseelen. Ich muß, worauf es ankommt, wollen, auch wenn das Ende von allem bevorsteht« (ebd.). In bewundernswürdiger Vorbildlichkeit demonstriert seit mehr als einem Jahr das ukrainische Volk, was es heißt, Freiheit, Mündigkeit und eigene territoriale Integrität zu verteidigen. Es weiß, worauf es ihm ankommt.
Trieb und Wunsch, Wille und Begehren sollten zu einem selbstreflexiven Wissen gebracht werden, worauf es ankommt, und mit diesem Wissen ein Leben gestalten. Es kommt darauf an, eine »gegenwärtige Verwirklichung eines eigenen Lebens« anzustreben, »solange es Zeit ist« (ebd). Alles auf Gefahr und Risiko des Scheiterns hin. Doch sind dessen Gesetze nicht in Stein gemeißelt, das letzte Scheitern des Lebens am Tod ausgenommen. Es ist schwer genug, zu wissen, worauf es ankommt; es ist noch schwerer zu wollen, worauf es ankommt. Eine psychoanalytische Drehung von Jaspers Formulierung könnte denn lauten: Ich muss wissen, worauf Es ankommt, dies in einer Abwandlung von Freuds therapeutischem Prinzip Wo Es war, soll Ich werden. In einer französischen Übersetzung findet sich die Ankunft, das Ankommen, deutlicher als im Deutschen: Là, ou était du ça, doit advenir du moi. Doch das Ich ist nachweislich ein zwielichtiger Ort einer Ankunft. Worauf Es ankommt bleibt vielmehr die ethische und behandlungstechnische Unbekannte; sie umfasst sowohl eine lebenspraktische Priorität von Werten wie eine Ankunft des – von Freud noch in seiner Zeitlosigkeit bestimmten – Es mit seiner Destination des Begehrens in einer endlichen Zeit. Keine gelingende Psychoanalyse, die dem Patienten nicht beisteht, diese Priorität zwischen Es und Ich, zwischen Über-Ich und Ich-Ideal zu bestimmen, also ein Wissen darüber zu gewinnen, worauf es in seinem Leben ankommt. Bei Freud findet sich Jaspers Formulierung schon 1924, wenn er den Weltschmerz in Literaturen, Religionen und Philosophien im klinischen Begriff des moralischen Masochismus verdichtet: »Das Leiden selbst ist das, worauf es ankommt« (Freud 1924c, S. 378). Das unbewusste Triebleben des Masochismus kennt seine Ankunft; schlimmstenfalls liegt diese in einer eigens herbeigeführten Selbsttötung.
Für Jaspers war mit dem bevorstehenden Ende der individuelle Tod und eine Endzeit der menschlichen Gattung gemeint. Für die knappe Lebenszeit des Einzelnen gilt denn: Leben und Dasein zu beseelen, solange es Zeit ist – also ein befristetes Leben lang, dessen zeitliche Ressourcen schleichend verknappen, unabhängig davon, ob man sich auf den »Tod einrichtet« oder nicht. Doch wer sich darauf einrichtet, könnte mehr Zeit zur Verfügung haben. Das menschliche Leben ist immer, selbst mit wachsender Lebenserwartung oder transhumanistischen Fortschrittsträumen, einer knappen Frist unterworfen (vgl. Weinrich 2004). Sie klug zu gestalten gehört zu den elementaren Lebenskünsten. Es geht somit immer um eine Temporalisierung, um die bewusste oder unbewusste Verzeitlichung des eigenen Lebens. Unter dem Titel Können wir in der Zeit glücklich sein? nimmt Michael Theunissen das prekäre Glück bei Hegel und Freud auf anderen Wegen wieder auf; er beantwortet die »Frage, ob und, wenn ja, wie und inwieweit Gelingen und Mißlingen menschlichen Lebens von unserem Umgang mit der Zeit abhängen. […] Daß erst das Fressen kommt, dann die Moral, mag man bestreiten. Auf jeden Fall kommt erst die Zeit und das, was wir mit ihr machen […]« (Theunissen 2015, S. 37). Glück und Zeit können sich nie auf längere Dauer decken, auch wenn es zu den anthropologischen Privilegien des Menschen gehört, aus der Zeit, aus seiner Zeit, etwas zu machen. Doch was macht man mit der Zeit, wenn ihre Macht in verbreiteten pathologischen Zuständen zur Übermacht wird? Das subjektive Zeiterleben ist letztlich nicht einfach »machbar«.
Freud beschreibt 1930 am Ende seiner Studie Das Unbehagen in der Kultur eine Befindlichkeit, die knapp 100 Jahre später wieder als ohnehin dauerhaft virulente Stimmung die Welt beherrscht. Sie durfte sich in bester Nachbarschaft mit Jaspers Epochendiagnose in Die geistige Situation der Zeit wähnen. Freud warnte neun Jahre vor dem 2. Weltkrieg, 15 Jahre vor dem Abwurf erster Atombomben davor, dass die Menschen es mit der Beherrschung der Naturkräfte leicht hätten, »einander bis auf den letzten Mann auszurotten. Sie wissen das, daher ein gutes Stück ihrer gegenwärtigen Unruhe, ihres Unglücks, ihrer Angststimmung« (Freud 1930a, S. 506).
Freud konnte 1930 noch nichts von der Entwicklung atomarer Zerstörungskräfte wissen. Jaspers dagegen knüpfte 1958 an diese Warnung mit seinem heute wieder hoch aktuellen Buch Die Atombombe und Die Zukunft des Menschen an. Er forderte nicht nur politische Entscheidungen auf höchster Ebene zur Eindämmung einer weiteren nuklearen Eskalation; er forderte 13 Jahre nach Hiroshima das Eingedenken einer »Möglichkeit der irdischen Katastrophe« an einer Grenze der menschlichen Evolution, an einer Grenze der Vernunft, an einer Grenze des Vertrauens in sie. Jaspers fragte noch im Bann einer historischen Katastrophe nach den säkularisierten vorletzten und »letzten Dingen«, ja nach dem »letzten Wort« am Ende einer Sprache, die Vernunft überhaupt ermöglicht und sichert:
»Vernunft bringt uns das bleibende Vertrauen noch dann, wenn mit dem Dasein des Menschen auch sie in der Zeit verschwindet. Welches Vertrauen? Vernunft ist in der Welt das Letzte, worauf wir uns gründen können. Aber sie selbst ist nicht das Letzte. […] Sollte auch das Vertrauen auf Vernunft nicht standhalten? Heute ist unumgänglich an die Möglichkeit des Scheiterns der Vernunft in der Weltrealität zu denken. Wenn aber auf die Vernunft im Menschen nicht gewiß zu rechnen ist, bleibt dann überhaupt noch ein Grund des Vertrauens? Wenn die Verzweiflung sagt: Es hilft ja doch alles nichts – lassen wir das Gerede – denken wir nicht daran – leben wir heute – was kommt, ist auf alle Fälle der Untergang –, ist das etwa das letzte Wort?« (Jaspers 1958, S. 490).
Das galt nach Hiroshima und Nagasaki genauso wie heute, wenn die Atommacht Russland Ängste vor einem weiteren Weltkrieg manipuliert. Jaspers konnte seine Frage als Existenzphilosoph nur mit einem Aufruf zu einem radikalen Wandel beantworten, mit einem Appell an eine innere, zugleich öffentlich in Politik, Wissenschaft und Medien verhandelbare Umkehr eines entfremdeten, »verkehrten Lebens« (Kierkegaard), das neue Perspektiven auf dessen guten und richtigen Vollzug finden muss. Dazu gehören unweigerlich die Versuche zu seiner gelingenden Temporalisierung. Was das richtige Leben sei, kann nie normativ definiert, bestenfalls diskursethisch, also wiederum mit Vernunft eingekreist werden. Das Ergebnis wird sich aber an Adornos hartem Aphorismus stoßen müssen: »Es gibt kein richtiges Leben im falschen« (Adorno 1975, S. 42). Ein leises Echo seiner Kierkegaard-Rezeption 1930 ist hier noch vernehmbar. Freuds Leitmotiv inmitten des Ersten Weltkrieges, sich auf den Tod, auf die Destination allen Lebens, auf das Ende einzurichten, wenn das Leben ausgehalten werden soll, ist ein Lösungsversuch dieser unlösbaren Paradoxie. Dagegen bietet die Psychoanalyse eine experimentelle Versuchsanordnung an, sich in dieser Destination zumindest eine Richtung, eine Ausrichtung seines Begehrens zu geben, die dieser unerbittlichen Finalität mit der List eines hinreichend guten Lebens zuvorkommt.
In seiner Zeitdiagnostik des Unbehagens in der Kultur wechselte Freud von der individuellen in eine universale Eschatologie. Seine Rede von einem Unbehagen im Titel wirkt heute fast schon harmlos, wären da nicht am Schluss die unheilschwangeren Töne einer heraufdämmernden Endzeit. Er sprach zwar noch vom »letzten Mann«, meinte aber die Auslöschung des menschlichen Lebens auf der Erde, die Selbstvernichtung der Menschheit als Spezies und Gattung. Man könnte behaupten, dies sei die apokalyptischste Passage im Gesamtwerk Freuds. Seine Prognose ist auf jeden Fall brennend aktuell geblieben. Auch heute hat die »Störung des Zusammenlebens durch den menschlichen Aggressions- und Selbstvernichtungstrieb« (Freud 1930a, S. 506) oberste Priorität in der globalen und planetarischen Agenda. Klimawandel, Artensterben, Ukraine-Krieg, zahllose andere Kriegsschauplätze, Energiekrise, Corona-Pandemie und gespaltene Gesellschaften sind dabei nur die schwersten Symptome dieser Störung. Dies unter der Voraussetzung, dass Aggression und Selbstvernichtung nicht nur dann gegeben sind, wenn sich Menschen mit – immerhin eine fundamentale zivilisatorische Errungenschaft – Worten, meist aber mit Fäusten und Waffen bekämpfen, sondern auch in Zeiten eines passageren Friedens die Ressourcen erschöpfen, von denen sie zugleich leben.
3. Psychoanalytischer Bellizismus?
Schließlich war Freuds Maxime, sich auf den Tod einzurichten, wenn das Leben ausgehalten werden soll, eine – gerade für heutige Ohren anspielungsreiche – Umschrift des antiken Spruchs »Wenn Du den Frieden erhalten willst, so rüste zum Kriege«. Diese Paradoxie gehört wieder zu den trostlosen Wahrheiten, zu denen der Ukraine-Krieg seit Februar 2022 eine demokratische Welt zwingt, die ihre größte Bewährungsprobe seit dem Ende des Kalten Krieges durchzustehen hat. Aber Freud war auch an dieser Stelle kein Mann trügerischer Illusionen, von denen sich eine neopazifistische Mentalität genauso wie die Akteure einer neoliberalen Globalisierung eine zuschulden kommen lassen müssen: »Der Krieg ist aber nicht abzuschaffen; solange die Existenzbedingungen der Völker so verschieden und die Abstoßungen unter ihnen so heftig sind, wird es Kriege geben müssen« (Freud 1915b, S. 354).
Müssen? Freud zeigt sich hier unübersehbar einer regulativen Idee der Gerechtigkeit zwischen den »Existenzbedingungen« aller Menschen verpflichtet. Für seinen Realismus aber blieben Kriege auf unbestimmte Zeit eine Notwendigkeit, gegen die eine reine pazifistische Gesinnung nicht ankommt. Selbst eine »Diktatur der Vernunft« nicht, die Freud 1933 nur kontrafaktisch und im Konjunktiv als »utopische Hoffnung« noch ins beginnende Endspiel zwischen Vernunft, Aufklärung und Barbarei brachte (vgl. Freud 1933b, S. 24). 1915 sprach er noch in Begriffen der Abstoßung und des Hasses zwischen Völkern mit ihren Religionen und Kulturen. Er dachte noch nicht im anthropologisch radikaleren Sinne einer der menschlichen Triebstruktur rätselhaft innewohnenden Tendenz zur Selbstvernichtung. Er nahm sich dieses Rätsels fünf Jahre später in seiner Schrift Jenseits des Lustprinzips weiter an, um die Kräfte zu erforschen, die dem Lustprinzip als bestechlichem »Wächter unseres Seelenlebens« (Freud 1924c, S. 371), mithin des Lebens selbst, in den Rücken fallen. Aus diesen Gründen konnte für Freud ein psychoanalytischer Bellizismus nicht tabu bleiben, selbst wenn er seine Antwort auf Albert Einsteins Frage Warum Krieg? als »konstitutionelle Intoleranz [bei uns Pazifisten]« (Freud 1933b, S. 27) gegen ihn ausführte.
Diese Antinomie zeigt sich heute in schärfster Deutlichkeit. Denn wie steht der Psychoanalytiker zu Waffenlieferungen an die völkerrechtswidrig angegriffene Ukraine? Welchen offenen Brief, welches Manifest würde er mit den Erkenntnissen seiner Wissenschaft, mit der Ethik seiner Profession unterscheiben? Toleranz und Intoleranz haben fließende Grenzen; auch der Pazifist wird der historischen Wahrheit standhalten können, dass im Dienst des Friedens aufgerüstet werden muss. Freud hielt seine Antwort an Einstein im selben Ton der Enttäuschung über die Kultureignung und Friedfertigkeit des Menschen wie bereits 1915 in Zeitgemäßes über Krieg und Tod. Wenn international verpflichtendes Recht mit Gewalt zerstört wird, gewinnt eine Gegengewalt ihre Legitimität, um dieses Recht wiederherzustellen. Das Recht ist wie das Heilige nur die sublime Höhe einer elementaren Gewalt, gegen die eine regulative Gerechtigkeit und eine gesinnungsethische Friedensliebe allein nicht ausreichend schützen, sondern der Verantwortungsethik einer international vernetzten Rechtsstaatlichkeit bedürfen. Krieg ist die extremste Krise dieser Sublimierung, die an ihrem katastrophalen Ende in Schutt, in Trümmer und unzählige Tote zerfällt. Daran hat auch der Pazifist Freud nicht gezweifelt. Jeden ambivalenzfreien Pazifismus ernüchterte er folgerichtig, dies ebenfalls im Jahr einer Zeitenwende, die innerhalb von 12 Jahren Krieg, Vernichtung, Tod und unsägliches Leid über Europa brachte:
»So scheint es also, daß der Versuch, reale Macht durch die Macht der Ideen zu ersetzen, heute noch zum Fehlschlagen verurteilt ist. Es ist ein Fehler in der Rechnung, wenn man nicht berücksichtigt, daß Recht ursprünglich rohe Gewalt war und noch heute der Stützung durch die Gewalt nicht entbehren kann« (Freud 1933b, S. 19).
Auch am Recht bleibt immer eine Blutspur roher Gewalt haften. Und spätestens mit dem Ukraine-Krieg sollte der glühendste Pazifist nicht mehr in die Falle dieses Rechnungsfehlers treten. Freud ließ offen, wie diese Gegengewalt am aussichtsreichsten vorgeht – »heute noch« nicht mit dem überzeugenden Argument, mit spitzer Feder oder dem Friedenssymbol allein. Die Psychoanalyse bescheidet sich ohnehin damit, dass sie zwar eine geistesgeschichtliche »Macht der Ideen« verkörpert, aber als solche keinen Krieg zu verhindern weiß. Der Krieg gegen die Ukraine zeigte einmal mehr, dass das Wort, die Kunst der Diplomatie oder das Appeasement der Verhandlung nicht ausreichten, die Verstöße gegen eine in UN-Charta und im Völkerrecht institutionalisierte Diskursethik zu verhindern. Die Reichweite des Symbolischen, der symbolvermittelten Kommunikation kommt wieder einmal gegen die Macht des Realen, die paranoid entschlossene Kriegstreiberei eines 1991 gedemütigten, aber nuklear hochgerüsteten Imperiums, nicht an. Das Universalität versprechende Organ der Sprache muss einstweilen als Flatus vocis vor der stählernen Prothese der Waffe resignieren. Der rationale Diskurs ist im globalen Maßstab durch Lügen, Propaganda und Verschwörungsmythen geschwächt, von der neuesten Zeitgeschichte schon wieder suspendiert. Ein paranoides System lässt nicht mit sich verhandeln. Die List der Vernunft hat sich einmal mehr zu bewähren.
Die Schlusspassagen von Freuds Zeitgemäßes über Krieg und Tod enthalten auch ein gutes Jahrhundert später einen unüberhörbaren Sprengsatz mit höchster Aktualität. Autoaggression und Selbstvernichtung, individuell oder gattungsgeschichtlich, meinen somit, dass eine innere und äußere Lebenssubstanz angegriffen wird, wenn sich diese auf Dauer nicht mehr nachhaltig und transgenerativ erneuern kann. Mit einer immunologischen Metapher gesehen, leidet die Menschheit spätestens seit dem 1. Weltkrieg, der »Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts«, an einer schweren, schlimmstenfalls tödlichen Autoimmunschwäche. Sie erholte sich nach dem Ende des Kalten Krieges kurz, um drei Jahrzehnte danach in einer komorbiden Konstellation von Klimakrise und Pandemie, von islamistischem Terror und Krieg in Europa erneut zu kollabieren. Dieser Krieg und die Drohgebärden einer neuen Diktatur sind gefährliche Rückfälle dieses autoimmunitären Syndroms der condition humaine. Es war 1996 Jacques Derrida, der diese Metapher angesichts eines wachsenden religiösen Terrors vorschlug, um im Kräftespiel zwischen Vernunft, Glauben und Religion die destruktive Macht der Autoimmunisierung zu sondieren (vgl. Derrida & Vattimo 2001 [1996], S. 71f.). Die russische Aggression gegen die Ukraine hat, wie alle Kriege, ihre spezifischen historischen und ideologischen Wurzeln, darunter auch religiöse. Doch in der Psychohistorie der neueren Zeitläufte bleibt sie ein symptomatisches Rezidiv der tiefer liegenden immunitären Autoaggression eines Man Against Himself – so ein signifikanter Buchtitel aus dem Jahr 1938 im Zeichen von Freuds Hypothese zum Todestrieb und der Hassliebe des Menschen zu seiner Selbstzerstörung (vgl. Menninger 1974 [1938]).
4. Ein entscheidendes Jahrzehnt
100 Jahre nach der düsteren Freud’schen Bilanz blickt die Menschheit durch ein kleiner werdendes Zeitfenster in ihre eigene Zukunft. Die 2020er Jahre sind die 1930er Jahre des 20. Jahrhunderts. Doch ist das laufende Jahrzehnt nicht nur eine Dekade von weltgeschichtlicher, sondern von erdgeschichtlicher und planetarischer Bedeutung. Es ist das Jahrzehnt, in dem der Mensch definitiv im Anthropozän angekommen ist. Er steht vor einer Bifurkation, deren Gabelung entweder in eine lebenswerte oder nicht mehr lebenswerte Zukunft nächster Generationen führt. Innerhalb eines Jahrzehnts, ja innerhalb einer Legislaturperiode von aktuellen Regierungen, müssen klimapolitische Weichen für diese Zukunft gestellt werden. Es ist ein Jahrzehnt, in dem drastische Maßnahmen gegen den Klimawandel, nachweislich Folge eines anthropogen verursachten Krieges gegen die Natur, anstehen, wenn nicht irreversible Kipppunkte überschritten werden sollen. Diese aber wären weitere fatale Wendepunkte des »menschlichen Selbstvernichtungstrieb[s]«, eines der größten Rätsel der individuellen und kollektiven Psychologie. Und es ist schließlich ein Jahrzehnt, das einen wieder stabileren Zustand zwischen Krieg und Frieden finden muss. Der Ukraine-Krieg und die Zerstörung der Natur sind zwei Seiten desselben Blattes.
Das Spätwerk Freuds war noch der Lösung dieses psychoimmunologischen Rätsels gewidmet: Wie muss menschliches Leben beschaffen sein, wenn es in der Lage ist, seine eigenen Grundlagen zu erodieren und die Tragik eines individuellen Suizids auf die Selbstvernichtung einer ganzen Spezies auszuweiten? Seit Langem sucht die Humanmedizin Antworten auf und Therapien gegen die Autoimmunerkrankungen des Körpers. Freud als Psychoanalytiker suchte, auch wenn er nicht mehr in medizinischen Analogien dachte, nach strukturell vergleichbaren Prozessen in der Individual- und Sozialpsychologie, in der »Physis« der Kultur. Sein Losungswort für dieses paradoxe Rätsel war der Todestrieb, eine psychische, auch somatisch wirksame Kraft, mit der sich das menschliche Leben autoimmunitär angreift und energetisch als geschlossenes System die Gesetze der Entropie noch beschleunigt. Im gattungsgeschichtlichen Maßstab führt der Mensch seit wenigen Jahrhunderten mit den Mitteln der technischen Zivilisation einen Feldzug gegen die natürlichen Existenzgrundlagen; er greift damit sich selbst an und neigt dazu, sich als Spezies zu vernichten. Der Apokalyptiker könnte mit Bezugnahme auf Freuds Leitmotiv raunen: Die Menschheit richtet sich auf den Untergang ihrer eigenen Welt ein. Die Richtung ist ohnehin gegeben; die Frage bleibt lediglich, mit welchem Tempo sie eingeschlagen wird.
So gesehen, ist der Ukraine-Krieg mit der neoimperialen Hybris von Putins Kreml ein weiterer Krieg in einem Krieg, der mit dem Industriezeitalter und seinem unstillbaren fossilen Energiehunger begann. Zwar gab es immer wieder friedliche Zeiten, Zeiten des Wachstums und Wohlstands, Zeiten der erfolgreichen Bekämpfung von Armut, Zeiten einer neuen Völkerverständigung nach unvorstellbaren Opfern an Menschenleben. Perioden, in denen das Zusammenleben durch universelle Werte und Regeln, »regelbasiert« und durch Verträge gegenseitig unterstellten Vertrauens, geleitet schien. Nach alledem überwiegt einmal mehr Freuds Diagnose einer »gegenwärtigen Unruhe und Angststimmung.« Deswegen ist auch die heutige Energiekrise weit über ihren russischen Verursacher hinaus ein Symptom dieser Autoimmunisierung der menschlichen Zivilisation, die mit der schweren Verwundung der planetarischen Biosphäre sich ihrer eigenen Subsistenz beraubt.
Wiederholt hat António Guterres, der Generalsekretär der Vereinten Nationen, mit seiner charakteristischen Drastik daran erinnert: Eine hoch technisierte Zivilisation des globalen Nordens, von deren Vorzügen eine Mehrheit der Weltbevölkerung ausgeschlossen bleibt, beutet die natürlichen Commons aus und fügt sich damit irreparablen Schaden zu. Der Genuss des einen ist die Armut und der Tod des anderen. Anlässlich einer Weltnaturkonferenz im Dezember 2022 zum Artensterben hielt er unmissverständlich das fatale Zusammenspiel von Autoimmunisierung, Selbst- und Naturzerstörung fest: »Mit unserem bodenlosen Appetit auf unkontrolliertes und ungleiches wirtschaftliches Wachstum ist die Menschheit zu einer Massenvernichtungswaffe geworden.« Die Menschheit behandle die Natur wie eine Toilette und begehe damit stellvertretend Suizid, weil der Verlust der Artenvielfalt auch mit gewaltigen Kosten einhergehe. Es handele sich in diesem Krieg um eine »Orgie der Zerstörung« (www.tagesschau.de/ausland/amerika/weltnaturgipfel, 7.12.2022).
Seine ungeschminkte Metapher der Toilette lässt aufhorchen: Die Menschheit entleert und projiziert ihre Schadstoffe und giftigen Abfälle in den Container einer Natur, der diese toxische Masse nicht mehr resorbieren, damit die Lebensgrundlagen zahlloser Arten und Spezies nicht mehr garantieren kann. Diese Denkfigur ist der Psychoanalyse längst vertraut; sie kennt sie aus der Beziehung des Säuglings und Kleinkindes zur Mutter, insbesondere zu deren Brust. Es gibt eine begriffliche und bildhafte Äquivalenz, eine Universalie der Welt im Großen und im Kleinen: Wilfred R. Bion prägte den Begriff des Containers als Behälter in frühesten Phantasien des Säuglings, der seine archaischen Ängste, Panikgefühle, Regungen der Vernichtung, Rache und Vergeltung, allesamt toxische Erlebnisse nicht der Lust, sondern des Schmerzes, in sich aufnimmt, sie metabolisiert und dem Säugling als transformiertes Objekt zurückgibt: das gute Objekt einer mütterlichen Brust, die innere Sicherheit einer guten Bindung an dieses Objekt, die Alpha-Funktion des psychischen Apparates. Verfügen Säugling und Kleinkind über diese Ressourcen, werden sie gegen unvermeidliche Krisen und Katastrophen des späteren Lebens besser gewappnet sein.
In der kleinianischen Psychoanalyse hat Donald Meltzer das Bild des Containers nochmals übermalt; er spricht von einer »Toiletten-Brust«, in die diese toxischen Regungen und Phantasien projektiv entleert werden. Meltzer geht davon aus, »daß der psychische Schmerz und das dringende Bedürfnis nach einem Objekt in der äußeren Welt, das die Projektion des Schmerzes in sich aufnehmen kann«, eines der Grundprobleme jeder kindlichen Entwicklung ist (vgl. Meltzer 1995 [1967], S. 62). Je aufnahmefähiger dieses Objekt der Toiletten-Brust, desto nachhaltiger bleibt diese Entwicklung bis ins hohe Erwachsenenalter, bestenfalls bis zu dessen zeitlichem Ende. Im psychoanalytischen Denken ist diese Aufnahmefähigkeit eines Containers, dessen transformatorische Funktion für die Bewältigung innerer psychischer Katastrophen, das probate Mittel für Resilienz und Katastrophenresistenz. Guterres wird dieses psychoanalytische Äquivalent nicht gekannt haben, aber er deutet an, dass die Toiletten-Natur längst verstopft und nicht mehr in der Lage ist, die Abfälle und schädlichen Emissionen der Menschheit aus eigenen Kräften zu transformieren. Der Homo sapiens hat sich ein planetarisches Kloakenproblem geschaffen.
5. Apokalyptische Grundtöne
Vor diesem Hintergrund gewinnt die Argumentation allmählich einen säkularisierten Beiklang des biblischen Themas einer heilsgeschichtlichen »Endzeit«, einer am fernen Zeithorizont dräuenden Apokalypse. Es ist wieder die Rede von einem nuklearen Armageddon zwischen Atommächten; im Kreml spannt man neue Fronten zwischen heiliger Rus und einem säkularisierten Westen. Stimmen der russisch-orthodoxen Kirche an der Seite Putins wärmen die Warnung vor der Wiederkehr des Antichrist am Ende einer zweitausendjährigen christlichen Ära auf. Zum neuen »Dritten Rom« soll Moskau als Kapitale einer eurasischen Zivilisation rund um die »russische Welt« werden.
Der Antichrist in seiner russischen Prägung gilt dieser revisionistischen Geschichtspolitik als Symbol für hedonistische Dekadenz und einer Welt in Satans Hand. Sein Tummelplatz sind die liberalen Demokratien des Westens und die Freiheiten ihrer Lebensmodelle, darunter die Freiheiten selbstbestimmter sexueller Lebensstile in ihrer neuen Vielfalt. Jesus, der Pantokrator russischer Ikonen, darf auf keinen Fall homosexuell sein, dafür Gottes Stellvertreter ein heteronormativer Patriarch, der einer Allianz zwischen Kreml und russisch-orthodoxer Kirche den Segen für einen brutalen Krieg erteilt. Der Krieg gegen die Ukraine ist immer auch ein Krieg aus dem Geiste einer repressiven Sexualpolitik. Eine von deren Folgen zeigt sich in der sexuellen Gewalt gegen Frauen und Kinder, die für russische Soldaten zum Alltag eines hybriden Krieges gehört, ja zu der sie von ihren Kommandanten genötigt werden. Es ist die barbarische Rache des heteronormativen Primats am westlichen Pluralismus diverser Sexualitäten.
Wer dagegen noch die Werte des Humanismus hochhält, dem bleibt schließlich Michel Foucaults schon in den 1960er Jahren geprägte Metapher vom Verschwinden des Menschen »wie ein Gesicht im Sand« am Meeresufer unvergessen. Die Metapher wendete sich gegen einen überhöhten Subjektbegriff, den sich die Moderne zugrunde legte und der in einen desaströsen Anthropozentrismus mündete. Nur dass dieses Gleichnis noch nicht die heutige Realität des Klimawandels mit seinen Überflutungsszenarien von Meeresküsten weltweit kennen konnte. Ein geistesgeschichtliches Bild erfährt seine Wahrheit vollends im Anthropozän. Auch wenn der »Club of Rome« die Grenzen des Wachstums schon damals scharf zu ziehen begann.
Als Foucault dieses Bild zeichnete, herrschten in der geistigen Situation der Zeit Strukturalismus, dann Post-Strukturalismus, theoretischer Antihumanismus und sich ankündigende Postmoderne. Die Koordinaten in der Gelehrtenrepublik verschoben sich vom geschichtsmächtigen und autonomen »Subjekt«, wie es noch Marxismus, französischer Existenzialismus, kritische Theorie und klassische Freud’sche Psychoanalyse unterstellen wollten, zur gesichtslosen »Struktur«. Im Kontrast zu Freuds Stimmungsbarometer von 1930 waren mit der postmodernen Leichtfüßigkeit, dem Ende des Kalten Krieges und einer beschleunigten Globalisierung entgrenzte Märkte angesagt. Ein weltweites freies Spiel neoliberaler Marktgesetze mit einem Minimum an staatlicher Regulierung sollte Freuds »unruhige Angst« mit wachsendem Konsum dauerhaft besänftigen. Der hohe Preis dafür wurde bereits genannt: Ein Verlust tragischer Sensibilität, ein hypomanisch gefeiertes Ende der Tragik. Bricht diese kollektive Abwehr zusammen, melden sich neue apokalyptische Grundtöne und Urängste zurück. Diese Besänftigung gelang über Jahrzehnte in einer Symbiose von fossilem Kapitalismus und liberaler Demokratie, die die Rohstoffe der Erde plünderte, auf der Herrschaft von Imperialismus und Kolonialismus basierte und nun in einen planetaren Klimawandel mit nahezu irreversiblen Kipppunkten führte.
Die Energiekrise im Zuge der russischen Aggression gegen die Ukraine brachte ein vier Jahrzehnte dauerndes, neoliberal dominiertes Interregnum zu einem abrupten Ende. Freuds »Abstoßungen« zwischen Völkern, Religionen und Großmächten wurden in diesem kurzen Intervall leichtfertig übertüncht, bis ethnischer Nationalismus, islamistischer Terror, die Systemkonkurrenz zwischen Demokratie und Autokratie, schließlich der Aufstieg Putins zum neuen russischen Despoten Francis Fukuyamas Zeitdiagnose von einem »Ende der Geschichte« (1992) dementierten. Für Putin war der Zerfall der Sowjetunion zur selben Zeit die »größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts«, aus deren Scham und Schmach er über drei Jahrzehnte hinweg seine imperiale Restauration nährte. Der Ukraine-Krieg ist, psychohistorisch gesehen, ein Aggressionskrieg im Zeichen der paranoiden Rache und des schwelenden Ressentiments; eine Mentalität, für deren Verständnis man mit Dostojewski und seinen Werken Der Doppelgänger (1846) und Aufzeichnungen aus dem Kellerloch (1864) literarisch gut beraten bleibt. Der historische Kampf um Anerkennung dauert an, das zivilisatorische Pendel zeigt weiterhin eine mächtige Neigung zu roher Gewalt und gesetzloser Barbarei, die Welt lässt sich nicht dauerhaft befrieden.
Die Generationen, die die Friedensdividende nach dem 2. Weltkrieg einstreichen konnten, sind desillusioniert und müssen Schuld und Verantwortung auf sich nehmen, ökologisch über ihre Verhältnisse gelebt zu haben. Kinder dieser Generationen, die aktivistische Letzte Generation, rebellieren gegen die »Klima-Apokalypse«, wie sie von António Guterres verkündet wird. Schließlich ist der Thymos, genauer: die imperiale Megalothymia, diese mit Platon, Hegel, Alexandre Kojève und Francis Fukuyama ausgewiesene Triebkraft der menschlichen Geschichte mit ihren Kriegen, noch einmal zur größten Herausforderung liberaler Demokratien und ihres Versprechens von Gleichheit und Gerechtigkeit, von Freiheit und Frieden geworden. Im Thymos geht es um Ehre, Würde, Stolz, Respekt und gegenseitige Anerkennung, um ausgeglichene Bilanzen eines allzu leicht kränkbaren Narzissmus der Differenz. Führen diese Kränkungen zu unheilbaren Wunden, bläht sich der Thymos zur Megalothymia auf, die im Geiste des Ressentiments nach Revanche dürstet und schließlich vor Gewalt und Krieg nicht mehr zurückschreckt. Das war in Deutschland mit dem Versailler Vertrag 1919 der Fall, das trifft auf das putinistische Russland der letzten beiden Jahrzehnte zu. Man wähnte die Megalothymia nach 1989 definitiv auf den Trümmerhaufen der Geschichte. Gute 10 Jahre später betrat der islamistische Terror mit dem Anschlag auf die New Yorker Twin Towers die historische Hauptbühne. Die Kriege finden kein Ende, der blaue Planet sieht sich wieder einmal vor der Alternative zwischen Zivilisation und Barbarei, zwischen Selbsterhaltung und Selbstvernichtung seiner undankbaren Gäste.
Der Wimpernschlag der menschlichen Geschichte in den planetarischen Zeiträumen ist freilich längst nicht geschlossen; und doch ist sie seit 2000 Jahren begleitet von Ahnungen, Erwartungen und Prognostiken einer Endzeit, einer vernichtenden Apokalypse (vgl. Taubes 1991; Fried 2016). Biblische Prophetie und Offenbarung sind wissenschaftlichen Szenarien einer Selbstauslöschung der menschlichen Spezies gewichen. Ist Jaspers geistige Situation der Zeit 90 Jahre nach dem Erscheinen der Streitschrift also neo-apokalyptisch? Müssen die drängendsten Probleme heute mit dem Grundton eines Endzeitrumors gelöst werden, den Freud auf Augenhöhe mit Jaspers als »gegenwärtige Unruhe, Unglück und Angststimmung« für die 1930er Jahren als Menetekel anklingen ließ?
Jaspers Schrift über die Atombombe und die Zukunft des Menschen ist eines der Bücher der Stunde; seinem eigenen Menetekel hat sich inzwischen mit der Klimakatastrophe ein Fortsetzungskapitel hinzugefügt. Der Griff der Megalothymia ins nukleare Arsenal ist wieder Realität geworden, sie spekuliert und spielt mit Einschüchterung auf der Klaviatur archaischer Ängste. Jaspers Warnung, letztlich im selben Vertrauen auf die Vernunft wie bei anderen bedeutenden Philosophen des letzten Jahrhunderts, hat ihre Aktualität noch potenziert: »Vor der Drohung totaler Vernichtung sind wir zur Besinnung auf den Sinn unseres Daseins zurückgewiesen. Die Möglichkeit der totalen äußeren Zerstörung fordert unsere ganze innere Wirklichkeit heraus« (Jaspers 1958, S. 24). Freuds Psychoanalyse bleibt eine der empirisch gesättigten Methoden, diese innere Wirklichkeit, zumal mit ihren eigenen Potenzialen der Selbstdestruktivität, herauszufordern.
Es scheint eine säkularisierte, wissenschaftlich begründbare Prognose eines Endes der Zeit zu brauchen, um auf ihrer Kontrastfolie eine neue Natalität des Menschen zurückzugewinnen, die die politische Philosophie Hannah Arendts mit jeder Geburt eines Kindes gegeben sah. Deswegen ist es juristisch, ethisch und logisch schlüssig, wenn der Internationale Strafgerichtshof als erstes einen Haftbefehl gegen Putin wegen Deportation ukrainischer Kinder erlässt, denen eine traumatisierte Zukunft bevorsteht und die ihrer individuellen Natalität beraubt werden. Ihnen bleibt in ihrem jungen Leben verwehrt, was in der Theologie des Weltuntergangs und ihren Bildern der Endzeit als Neuanfang, als Aufruf zu einer Neugestaltung der Welt enthalten war: »Weltuntergang, das war […] die Wahrheit über die Welt, über ihre Endlichkeit, ihre Todesverfallenheit, war aber zugleich ein Appell zur Gestaltung des Lebens, zum Ausgreifen auf die Welt, zum Ringen um deren Fortbestand« (Fried 2016, S. 36). Anders gesagt: In der finalen Konsequenz der imaginären Apokalypse triumphiert das Leben über den Tod, der Lebenstrieb über den Todestrieb, die Transgenerativität und Gebürtlichkeit über das Ende der Generationen. Die Apokalypse ist das notwendige Negativ einer Feier des Lebens. Und doch hat sie, wenn sich ihr Narrativ mit paranoider Gewalt und Kriegsverbrechen auflädt, gleichzeitig die Macht, dieses Leben zu zerstören. Freuds Anregung, sich auf den Tod einzurichten, wenn das Leben ausgehalten werden soll, ist ein Echo dieses Appells als Maxime eines Lebens auf des Messers Schneide zwischen virulenter Katastrophe, fragilem Glück und den Chancen des Neubeginns.
Hans Magnus Enzensberger ahnte es 1978 bereits: Der Weltuntergang ist nicht nur ein »Angsttraum«, eine Art heilsgeschichtliche Urphantasie des Todestriebes in seiner paranoid-schizoiden Position. Er ist genauso, einstweilen als »Katastrophe im Kopf«, ein »Aphrodisiakum«, das die Angstlust zum Genießen steigert und die erotischen, bindenden Kräfte der Kultur belebt (vgl. Enzensberger 1983, S. 225). Für den Kunsthistoriker sind die bildgewaltigen Wandteppiche der Apokalypse aus dem Ende des 14. Jahrhunderts im Schloss der französischen Stadt Angers eines der bedeutendsten Werke überhaupt. Deswegen stimmt ihr Aphrodisiakum überein mit Freuds letzter Bemerkung in seiner Antwort auf Einsteins Frage Warum Krieg?: »Alles, was die Kulturentwicklung fördert, arbeitet auch gegen den Krieg« (Freud 1933b, S. 27). Das war zu diesem Zeitpunkt schon auf dünnes Papier geschrieben und verleiht heute seinem abgewandelten Spruch 18 Jahre zuvor, »Wenn du den Frieden erhalten willst, so rüste zum Kriege«, eine gänzlich neue historische Dimension. Er braucht nicht noch einmal abgeändert zu werden; man wird ihn illusionslos stehen lassen müssen.
LITERATUR
Adorno, T.W. (1975 [1951]): Minima Moralia. Reflexionen aus dem beschädigten Leben. Frankfurt/M. (Suhrkamp).
Binswanger, L. (1960 [1951]): Melancholie und Manie. Phänomenologische Studien. Pfullingen (Neske).
Derrida, J. & Vattimo, G. (2001 [1996]): Die Religion. Frankfurt/M. (Suhrkamp).
Enzensberger, H.M. (1983 [1982]): Zwei Randbemerkungen zum Weltuntergang. In: Ders.: Politische Brosamen. Frankfurt/M. (Suhrkamp), 225-236.
Erikson, E. H. (1977 [1959]): Identität und Lebenszyklus. Drei Aufsätze. Frankfurt/M. (Suhrkamp).
Freud, S. (1915b): Zeitgemäßes über Krieg und Tod. GW 10, 323-355.
Freud, S. (1924c): Das ökonomische Problem des Masochismus. GW 13, 369-383.
Freud, S. (1930a): Das Unbehagen in der Kultur. GW 14, 419-506.
Freud, S. (1933b): Warum Krieg? GW 16, 11-27.
Freud, S. (1937c): Die endliche und die unendliche Analyse. GW 16, 57-99.
Fried, J. (2016): Dies irae. Eine Geschichte des Weltuntergangs. München (C.H. Beck).
Green, A. (1993): Le Travail du négatif. Paris (Minuit).
Green, A. (2000): Le Temps éclaté. Paris (Minuit).
Hegel, G.W.F. (1973 [1840]): Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte. Werke in zwanzig Bänden. Bd. 12. Frankfurt/M. (Suhrkamp).
Hegel, G.W.F. (1973 [1807]): Phänomenologie des Geistes. Frankfurt/M; Berlin; Wien (Ullstein).
Jaspers, K. (1958): Die Atombombe und die Zukunft des Menschen. Politisches Bewußtsein in unserer Zeit. München (Piper).
Jaspers, K. (1999 [1932]): Die geistige Situation der Zeit. Berlin; New York (de Gruyter).
Lacan, J. (1996 [1986]): Die Ethik der Psychoanalyse. Das Seminar. Buch VII (1959-1960). Übers. N. Haas. Berlin (Quadriga).
Leszczynska-Koenen, A. (2023): Warum Krieg, und warum die psychoanalytischen Antworten nicht genügen. Psyche – Z Psychoanal 77 (4), 345-360. DOI 10.21706/ps-77-4-345.
Lévy B.-H. (2022): »Frieden kann abscheulicher sein als Krieg.« Die Zeit, 31.03.2022, 47.
Loewald, H.W. (1986 [1980]): Überich und Zeit. In: Ders.: Psychoanalyse. Aufsätze aus den Jahren 1951-1979. Übers. H. Weller. Stuttgart (Klett-Cotta), 35-45.
Loewald, H.W. (1986 [1980]): Das Zeiterleben. In: Ders.: Psychoanalyse. Aufsätze aus den Jahren 1951-1979. Übers. H. Weller. Stuttgart (Klett-Cotta), 120-129.
Lukrez (2014): Über die Natur der Dinge. Übers. K. Binder. Berlin (Galiani).
Meltzer, D. (1995 [1967]): Der psychoanalytische Prozeß. Übers. I. Dieckmann. Stuttgart (Verlag Internationale Psychoanalyse).
Menninger, K. (1974 [1938]): Selbstzerstörung. Psychoanalyse des Selbstmords. Übers. H. Weller. Frankfurt/M. (Suhrkamp).
Montaigne, M. de (1998 [1580]): ESSAIS. Übers. H. Stilett. Frankfurt/M. (Eichborn).
Reckwitz, A. (2023): Das Ende ist ziemlich nah. Warum wir endlich lernen müssen, die Katastrophe zu denken. Die Zeit, 23.03.2023, 51.
Schneider, G. (2023): »Memento mori«. Der Tod in einer psychoanalytischen Perspektive. Psyche – Z Psychoanal 77 (4), 311-342. DOI 10.21706/ps-77-4-311.
Taleb, N.N. (2008 [2007]): Der Schwarze Schwan. Die Macht höchst unwahrscheinlicher Ereignisse. München (Hanser).
Taubes, J. (1991): Abendländische Eschatologie. München (Matthes & Seitz).
Theunissen, M. (2015 [1991]): Negative Theologie der Zeit. Frankfurt/M. (Suhrkamp).
Weinrich, H. (2004): Knappe Zeit. Kunst und Ökonomie des befristeten Lebens. München (C.H. Beck).